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Ein unvergleichliches Ökosystem

 
Neulich versuchte eine Bekannte hartnäckig anzudeuten, wir könnten in gewisser Weise den Diabetes unsere Sohne mitverschuldet haben. Sie sei der Meinung, er müsse "mehr nach draußen" und überhaupt brauche er "mehr Regelmäßigkeit". Sie ist der Meinung, dass Kinder so oft und so viel als möglich Bewegung an der frischen Luft benötigen, und geht mit ihren Kindern auch immer und bei jeder Witterung raus. Grundsätzlich sehe ich das durchaus als sinnvoll an, einen diesbezüglichen Mangel bei unserem Sohn anzunehmen und dann auch noch als Ursache für den Diabetes zu vermuten finde ich allerdings ganz schön stark.
Ich nehme ja nicht an, dass sie die Ursache für die Trisomie21 (= "Down Syndrom") ihres dritten Kindes auch bei ihrer eigenen Lebensführung ortet, zumal sie abgesehen vom Alter kaum Risikofaktoren dazu mit bringt. Warum also kommt sie auf die Idee, dass wir uns den Diabetes sozusagen "selbst gezüchtet" hätten.

Als ausgebildete Diplomkrankenschwester hätte ich bei ihr eigentlich mehr Wissen über Diabetes und die Unterschiede zwischen Typ1 (was unser Sohn hat) und Typ2 erwartet, oder dass sie sich zumindest entsprechend informiert bevor sie Mutmaßungen anstellt. Genauso gut könnten wir davon ausgehen, dass (ein) Gott uns mit der Krankheit strafen will, weil wir bösen Heiden die falschen Götter anbeten.

Bringt ein Mensch nämlich die Gene mit, welche die Entstehung von DM Typ1 begünstigen, so läßt sich das Auftreten oder Nichtauftreten der Krankheit bislang weder von einem selbst noch von der Schulmedizin beeinflussen. Der Diabetes entwickelt sich in zwei Phasen, wobei eine Genetische Prädisposition (von der man selbst oft gar nicht weiß) vermutlich Vorraussetzung ist. Dazu kommt ein auslösendes Ereignis, häufig "harmlose Infekte" welche zu einer Autoimmunreaktion führen bei der sich das Immunsystem gegen einen selbst bzw. die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse wenden. Zuerst ändert sich noch Nichts an der Insulinausschüttung, erst nach Wochen oder gar Monaten treten die Diabetesanzeichen durch Insulinmangel (ca. 80-85% der B-Zellen sind bereits zerstört) auf. Die endgültige Zerstörung der Betazellen läßt sich bislang noch nicht aufhalten, ebenso wenig können heutige Mediziner ihr Wiederentstehen verursachen. Aus diesen Gründen muss das lebensnotwendige Insulin von nun an künstlich zugeführt werden.
DM Typ1 ist weder aufzuhalten noch heilbar! Es kann aber auch von niemandem absichtlich oder versehentlich "verursacht" werden. Die medizinische Forschung arbeitet aber durchaus daran, diese Entwicklung irgendwann aufhalten und dem Diabetes vorbeugen oder diesen heilen zu können.